Andreas

MY STORY

Ich bin 1985 in Aktjubinks / Kasachstan (ehemalige Sowietunion) geboren und lebte dort mit meiner älteren Schwester und meinen Eltern in einer kleinen Hütte am Stadtrand. Während uns unser Leben vollkommen normal erschien, lebten wir, im Vergleich zu den deutschen Lebensstandards in ärmlichen Verhältnissen.

1994 entschlossen sich meine Eltern mit uns Kindern nach Deutschland auszuwandern, um uns dort ein besseres Leben ermöglichen zu können. Unsere Familie wurde vorerst im Ruhrgebiet in einer Notwohnung untergebracht. Bis 1996 lebten wir dort zu viert in einem 16 m2 großen Raum und teilten uns mit den etlichen anderen Familien einen gemeinsamen Küchen- und Sanitärbereich.

1996 bekamen wir die Freigabe für eine Mietwohnung und haben beim nächstmöglichen Angebot die Notwohnung verlassen. Da ich in der Grundschule das Glück hatte, der einzige Russland-Deutscher in meiner Klasse zu sein, ermöglichte mir das eine schnelle, erfolgreiche Integration.

Als ich mit 17 mit der Hauptschule fertig war, begann ich eine Ausbildung als Industriemechatroniker. Um mich beruflich weiterzuentwickeln, begann ich 2010, parallel zur Arbeit, ein Fernstudium als Elektrotechniker im Bereich Prozess- und Automatisierungstechnik. Mein Ziel war es, die Karriereleiter weiter hochzusteigen, dadurch mehr Geld zu verdienen, um mir irgendwann den Traum von einem eigenen Haus und einen dicken Auto erfüllen zu können.

 

 

Vom Glück und den Sorgen Vater zu sein

2011 wurde ich dann zum ersten Mal Vater und war erfüllt voller Freude und Glück. Ab da Begann mein Leben eine ganz neue Wendung zu nehmen. Ich habe mir auch immer wieder Gedanken über die Zukunft gemacht und was ich beruflich noch tun kann, damit mein Einkommen noch etwas steigt. Schließlich wollte ich, meiner Familie ein gutes Leben ermöglichen. Der Gedanke, unseren Sohn frühzeitig in eine Fremdbetreuungsinstitution zu geben, damit auch Belle wieder arbeiten gehen konnte, um zusätzliches Einkommen generieren zu könnten, viel mir sehr schwer. So entschieden wir uns dafür unseren Sohn und auch unsere weiteren Kinder nicht aus der vertrauten Umgebung der Familie zu reizen und sie selbst zu betreuen.

Ich hatte, im Verhältnis zu vielen anderen Familienvätern das Glück, gute Arbeitsbedingungen zu haben und kam zwischen 2 – 3 Uhr nach Hause. Nichts desto trotz war ich von der Arbeit oft zu ermüdet und gestresst, dass ich mein Vatersein nur noch halbherzig leben konnte. Ich habe mich so auf meine Kinder gefreut und wollte ihnen ein guter, liebevoller Vater sein, der gerne Zeit mit ihnen verbringt und ihnen die Welt zeigt und merkte, dass ich oft garkeine Kraft mehr hatte mich intensiv mit ihnen zu beschäftigen. Ich war, im Gegensatz zu Belle, auch nicht offen für ihre kreativen Spiele, die anschließend oft in langen Aufräumarbeiten endeten. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich war einfach zu gestresst, zu angespannt und gleichermaßen zu erschöpft.

Durch Belle, die sich immer mehr mit der Thematik  „glückliche, bedürfnisorientierte und selbstbestimmte Kindheit“ auseinandersetzte, öffneten sich auch für mich neue Horizonte und die Vorstellung einer alternativen Lebensführung manifestierte sich zunehmend in meinen Gedanken. So kam es, dass Belle´s innere positive Überzeugung von einem glücklicheren Leben, mich so sehr mitriss, dass wir 2018 gemeinsam den Schritt wagten, unsere Wohnung auflösten und ins Wohnmobil zogen. Das war der Beginn unserer Reise ins Glück und in ein ortsunabhängiges Leben.

Nach 32 Jahren in „staatlicher Obhut“ war ich nun zum ersten Mal in meinem Leben FREI und wusste im ersten Moment absolut NICHTS mit mir anzufangen. Nach einer lange andauernden Phase der Haltlosigkeit und Überforderung als plötzlicher Fulltime-Familienvater und ohne die gewohnte Tagesstruktur, fühle ich mich heute frei und – im wahrsten Sinne des Wortes – entfesselt.

Ich sehe, wie sehr meine Kinder mich brauchen und ich bin glücklich, in allen Höhen und Tiefen für sie da sein zu können.